Sisi by Cristen Marie

Sisi by Cristen Marie

Autor:Cristen, Marie [Cristen, Gabriele Marie]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-426-41949-6
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-10-28T16:00:00+00:00


»Man könnte meinen, sie habe einen Grund zur Affektion in Ungarn gefunden.«

»Die Kaiserin? Ich bitt Sie, meine Liebe. Die Frau hat doch kein Herz. Sonst könnte sie den armen Kaiser in so schwerer Zeit nie ständig allein lassen.«

»Ein Herz wird sie sicher haben, aber vielleicht schlägt es ja für den Ungarn. Man sagt, dass er ein Weiberheld ist, ein Bonvivant und routinierter Schürzenjäger. Graf Hübner kennt ihn aus Paris, und ich hörte, dass er ihn einen Spieler genannt hat. Kann es nicht sein, dass er mit einer Krone spielt? Man sollte diesem Schurken alles zutrauen.«

Die beiden boshaften tuschelnden Stimmen versanken wieder im allgemeinen Lärm des kaiserlichen Geburtstagsfestes, ohne dass es mir gelang, ihre Identität festzustellen. Obwohl ich um den Klatsch wusste, der ständig über mich verbreitet wurde, traf mich das Gift dieser neuen Gehässigkeiten besonders schmerzlich. Bisher hatte ich mich mit dem reinen Gewissen einer Frau, der man Unrecht tat, gekränkt fühlen können. Nun mischte sich eine Spur schlechtes Gewissen in meine Empörung. Das alte Sprichwort vom »Rauch, der immer ein Feuer verrät« kam mir in den Sinn.

Wer wen mit wem betrog war das absolute Lieblingsthema der Wiener Aristokratie, aber bisher hatte ich den spitzen Zungen nie tatsächlich Anlass geliefert, sich auch mit dem kaiserlichen Privatleben zu befassen. Ich hatte Franz Joseph niemals wirklich hintergangen, seit ich ihm in der Augustinerkirche vor vielen Jahren Treue und Gehorsam geschworen hatte. Man hatte mich dazu erzogen, meine Schwüre zu halten. Sah man mir jetzt schon an, dass ich verzweifelt gegen die Versuchung ankämpfte? Dass ein Teil von mir leider geneigt war, einen süßen, verbotenen Traum zu träumen?

Meine Rückkehr aus Ungarn stand insgesamt unter keinem guten Stern, auch wenn sich Franz Joseph schrecklich darüber gefreut hatte. Gisela war in die Arme ihrer Großmutter gefallen, als wäre sie seit Jahren von ihr getrennt gewesen, und der Kronprinz hatte der Erzherzogin das charmante Lächeln geschenkt, das den ernsten Buben in einen reizenden Cherubin verwandelte. Es fiel mir schwer, meine mütterliche Eifersucht über so viel Wiedersehensfreude zu verbergen.

Ich konnte mich noch so sehr um Rudolf bemühen, er hatte viel zu früh verlernt, spontan und herzlich zu sein. Auch unter seinem neuen Erzieher blieb er still und zurückhaltend und sah mich aus großen Augen stumm an, wenn ich mit ihm sprach. Er sträubte sich, wenn ich ihn umarmen wollte, und wenn ich aufgab, blickte er wiederum so enttäuscht drein, als sei es mein Fehler, dass ich mir nicht mehr Mühe mit ihm gab.

Gisela hingegen hatte mir in Buda und Pest den enttäuschenden Eindruck vermittelt, dass sie überhaupt nichts empfand. Weder Freude noch Trauer, weder Begeisterung noch Interesse. Umso überraschter war ich über die Zärtlichkeit, die sie ihrem Vater und ihrer Großmutter in Wien entgegenbrachte. Es hatte den Anschein, als störe ich meine Kinder in ihrem Leben. Die Erzherzogin versäumte nicht, in der Wunde herumzustochern, als ich eine leichtsinnige Bemerkung in diese Richtung machte.

»Du wunderst dich darüber? Nun, das nenne ich wirklich kurios! Sie haben gelernt, dass ihre Mutter mit sich und ihren Krankheiten, ihren Reisen, ihren Pferden, ihren Haaren und ihrer Schönheit mehr beschäftigt ist als mit ihrer Familie.



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